24.02.2021

Eine erste Entscheidung zum Thema Sportpark ist gefallen

 

 

Die Stadtspitzen von Bingen und Ingelheim haben den Ausbau der Rheinwelle beschlossen. Der Neubau eines Schwimmbades mit 50 m-Becken im Blumengarten ist damit vom Tisch, die Schwimmer sind enttäuscht. Für die anderen Kompenenten des Sportpark-Projekts besteht noch Hoffnung.


LOKALES

 

Mittwoch, 24.02.2021

 

Feser will Rheinwelle-Ausbau

 

Oberbürgermeister torpediert Ingelheimer Projekt im Blumengarten und legt eigenen Vorschlag vor

 

Von Erich Michael Lang

 

BINGEN. Es sei ein Vorschlag, darauf legt Oberbürgermeister Thomas Feser Wert. Ein Vorschlag, der noch diskutiert werden und die Gremien durchlaufen müsse. Ein Vorschlag, um den Zweckverband Rheinwelle zusammenzuhalten und das „Vorzeigeprojekt in ganz Rheinland-Pfalz“ in die Zukunft zu führen. Und dann wird der Oberbürgermeister deutlich: Das in Ingelheim geplante Sportparkprojekt im Blumengarten sei völlig überzogen und nicht finanzierbar. Gerade in der aktuellen Situation mit einer Wirtschaftskrise, deren Folgen überhaupt noch nicht absehbar seien, wäre eine Investition im Blumengarten von über 40 Millionen Euro samt Folgekosten von mindestens 850 000 Euro keinesfalls gerechtfertigt. Das aufgewendete Geld stehe überhaupt nicht in Relation zu dem dann vorhandenen Angebot an Sportarten.

 

Umgekehrt würde allein das dort geplante 50-Meter-Becken für die Rheinwelle „mindestens einen schweren Dämpfer“ bedeuten. Vermutlich dürfte dann die bislang erfolgreiche interkommunale Zusammenarbeit im Zweckverband erledigt sein. „Das Kirchturmdenken wäre wieder an der Tagesordnung“, warnt Feser. Normalerweise hänge er sich nicht in Debatten anderer Kommunen hinein, aber in diesem Fall sehe er Bingens Interessen empfindlich berührt.

 

Für seinen Vorschlag nun sei er selbst „über meinen schwarzen Schatten gesprungen“. Denn auch die Diskussion um eine Erweiterung der Rheinwelle erachte er vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzlage der Kommunen als mindestens problematisch. Es gebe derzeit für die Politik eigentlich andere Herausforderungen, als Bäder zu bauen. Andererseits sei er selbst einmal Vorsitzender des Schwimmvereins gewesen, kenne die Argumente und habe seinerzeit auch eine 50-Meter-Bahn gefordert. Feser unterstreicht, jetzt sei es ihm politisch wichtig, den Zweckverband zusammenzuhalten und keine Konkurrenz zwischen den Kommunen aufkommen zu lassen. Er habe deshalb Gespräche mit dem Innenministerium geführt, um einen „gangbaren Weg“ auszuloten, der die Rheinwelle in eine allseits willkommene Zukunft führen könne.

 

Demnach könnte für eine Erweiterung der Rheinwelle mit einer 25-Meter-Bahn und einem Lehrschwimmbecken ein Landeszuschuss an Bingen gehen, genau deshalb, weil es sich um ein Projekt der interkommunalen Zusammenarbeit handelt. Rund drei Millionen Euro würde damit Bingen dann in das Projekt der Erweiterung einbringen können. Auf gut zehn Millionen Euro wird die Erweiterung derzeit taxiert. Mit dem Ingelheimer Anteil und einer Förderung durch den Landkreis, deren Höhe dann noch ausgehandelt werden müsste, verbliebe nach Fesers Kalkulation ein Betrag von etwa zwei Millionen Euro, die der Zweckverband selbst dann als Darlehen aufbringen müsste.

 

Die Kröte, die auch Bingen schlucken müsste, wäre eine erhöhte jährliche Zahlung an den Zweckverband, statt bislang 150 000, dann vermutlich 250 000 Euro. Mit der gleichen Rechnung müsste Ingelheim rechnen. Gau-Algesheim, als dritte Kommune im Zweckverband-Bunde, ist indes kein aktiver Beitragszahler.

 

Außerdem geht der Oberbürgermeister davon aus, dass das Bad durch diesen Kraftakt in die roten Zahlen rutschen und defizitär werden wird.

 

Seinen Vorschlag zur Rheinwellen-Erweiterung habe er mit Ingelheims Oberbürgermeister Ralf Claus diskutiert, bestätigt Feser. Claus habe die Idee sympathisch gefunden. Allerdings gelte jetzt in Ingelheim genauso wie in Bingen, dass der Vorschlag zum Zweckverband erst einmal die Gremien durchlaufen müsse. Er selbst habe den Vorstoß nur deshalb unternommen, weil die Debatten zum nächsten Doppelhaushalt anstehen.

 

„Wir müssen darüber beraten, wenn dieses Projekt mit in den Haushaltsplan soll. Sonst hätte ich mir darüber keine Gedanken gemacht. Eine Einigung gibt es nicht, wir reden nun erst mal drüber“, sagt Feser. Allerdings wirbt Feser für seine Idee nicht nur des Zweckverbandes wegen. Die Erweiterung der Rheinwelle werde definitiv die Attraktivität des Bades steigern, ist sich der Oberbürgermeister sicher.

 

Ein zusätzliches Becken vermehre die verfügbare Wasserfläche und damit die Möglichkeiten für Schulen, Vereine und auch für den öffentlichen Badebetrieb. Das Lehrbecken werde zusätzliche Schwimmkurse ermöglichen, womit dem negativen Trend, dass immer mehr Kinder nicht schwimmen können, entgegengewirkt werde. Auch insofern mache es Sinn, investiv die Rheinwelle zu stärken, anstatt andernorts und nicht weit entfernt vom Standort der Rheinwelle noch ein zweites Bad aufzumachen.



 

LOKALES

 

Mittwoch, 24.02.2021

 

Start frei für den Rheinwellenausbau

 

Die Einigung der Stadtspitzen bedeutet das Aus für den Hallenbadneubau, aber nicht für den Sportpark als Ganzes

 

Von Frank Schmidt-Wyk

 

INGELHEIM. Die Würfel sind gefallen, zumindest im kleinen Kreis: Die Oberbürgermeister Ralf Claus (Ingelheim, SPD) und Thomas Feser (Bingen, CDU), der Binger Beigeordnete Jens Voll (Grüne) und die Ingelheimer Bürgermeisterin und Sportdezernentin Eveline Breyer (CDU) haben sich darauf geeinigt, das von beiden Städten gemeinsam betriebene Regionalbad Rheinwelle in Gau-Algesheim auszubauen. Auch wenn die Entscheidungen der politischen Gremien dazu noch ausstehen, ist die kostspieligere Alternative, der Neubau eines Hallenbades mit 50-Meter-Becken als Bestandteil eines opulent ausgestatteten Sportparks Im Blumengarten, damit de facto vom Tisch. Andere Bausteine des Sportpark-Projekts auf dem Gelände am nördlichen Stadtrand will Breyer allerdings auf der Agenda behalten.

 

Zur Erweiterung der Rheinwelle liegt seit Januar eine Studie des Architektenbüros Krieger (Velber/Koblenz) vor. Das Büro hatte die 2004/2005 gebaute Rheinwelle geplant und ist auch für die Erweiterungen seitdem verantwortlich. Vorgesehen ist ein Anbau auf der Südseite (Richtung Gau-Algesheim) mit einem zusätzlichen 25-Meter-Schwimmerbecken (sechs Bahnen), einem weiteren Lehrschwimmbecken sowie Umkleiden, Duschen, Sanitär- und Lagerräumen. Bau- und Planungskosten summieren sich laut der in der Krieger-Studie enthaltenen Grobkostenschätzung auf 10,4 Millionen Euro.

 

Ingelheim leistete einen höheren Beitrag

 

Zum Vergleich: Für ein neues Hallenbad Im Blumengarten mit 50-Meter-Becken, das den Bedürfnissen des Schwimmsports maximal entgegengekommen wäre, setzt die Sportpark-Studie des Instituts für Sportstättenberatung (IFS) 15,5 Millionen Euro an. Inklusive Lehrschwimmbecken und einer Zuschauertribüne für Wettkämpfe würden die Investitionskosten sogar auf voraussichtlich rund 20 Millionen Euro steigen. Was die Betriebskosten angeht, würde laut dem Binger OB Thomas Feser der von beiden Städten in gleicher Höhe aufzubringende Zuschuss für die Rheinwelle im Falle des Ausbaus jeweils um rund 100 000 Euro auf dann 250 000 Euro anwachsen. Für ein neues Hallenbad Im Blumengarten ermittelte die Grobkalkulation des IFS ein jährliches Betriebsdefizit von 530 000 Euro und Einnahmen in Höhe von 176 000 Euro, was einen Zuschussbedarf von 354 000 Euro ergibt.

 

Laut Breyer sagte Feser zu, dass Bingen auch die gestiegenen Betriebskosten in der Rheinwelle weiterhin zur Hälfte mittragen werde. Die Investitionskosten in Höhe von gut 10 Millionen Euro sollen entsprechend eines Vorschlags von Feser so aufgeteilt werden, dass Ingelheim aufgrund seiner größeren finanziellen Leistungsfähigkeit einen höheren Beitrag beisteuert als die Nachbarstadt, Bingen den Landeszuschuss für Projekte der interkommunalen Zusammenarbeit als eigenen Anteil einbringt und der Rest durch den noch nicht bezifferten Kreiszuschuss sowie Kredite abgedeckt wird. „Ich bin sehr glücklich darüber, dass Bingen mitgeht“, sagte Breyer. Für die Entscheidung, den Hallenbadneubau nicht weiter zu verfolgen, war laut Breyer ausschlaggebend, dass nach ihrer Einschätzung keine Aussicht auf Landesförderung besteht. Außerdem habe sie inzwischen das Gefühl gewonnen, dass die Meinungsbildung in den Stadtratsfraktionen in diese Richtung tendiere, also gegen den teureren Neubau.

 

Breyer will das Projekt Rheinwellenerweiterung mit den bekannten Eckdaten nun am 8. März im Haupt- und Finanzausschuss einbringen und entweder bereits dort oder spätestens am 15. März im Stadtrat darüber abstimmen lassen. Parallel werden sich auch die Gremien in Bingen mit dem Thema beschäftigen. Der endgültige Beschluss stehe dann Ende März in der nächsten Sitzung des Zweckverbandes an.

 

Was bedeutet das alles jetzt für das Sportpark-Projekt? In Bezug auf das Thema Wasserflächen gelte das Prinzip Entweder-oder, sagte Breyer: Entweder Ausbau der Rheinwelle oder Hallenbadneubau Im Blumengarten. Diese Frage ist aus Breyers Sicht nun entschieden – damit seien die anderen Komponenten des vom IFS skizzierten Sportparks aber nicht vom Tisch. Zu den vorgeschlagenen Neubauten gehören auch eine Doppel-Dreifeldsporthalle, ein Kletterzentrum, eine stehende Surfwelle und eine Crosslaufstrecke mit gelenkschonendem Spezialbelag. Breyer will in den kommenden Wochen den konkreten Bedarf in Ingelheim genau ermitteln, auch im Gespräch mit den Vereinen, und dann auf der Basis eines möglichst breiten politischen und öffentlichen Konsenses eine Entscheidung darüber herbeiführen, was umgesetzt werden soll und was nicht. Am grundsätzlichen Konzept, das Blumengartengelände zu einem attraktiven Freizeit- und Sportareal weiterzuentwickeln, hält Breyer fest.

 

Enttäuschung bei Schwimmsportlern

 

Ausdrücklich bedankte sich die Bürgermeisterin bei der Schwimmbad-Initiative: Auch ihrem Engagement sei es zu verdanken, dass eine Erweiterung der Schwimmbadkapazität nun in greifbare Nähe rücke. Die Enttäuschung bei vielen Schwimmsportlern ist trotzdem groß, weil sich die Hoffnungen auf den Bau eines Hallenbads mit 50-Meter-Bahn nicht erfüllt haben.

 

Enttäuschung macht sich auch in den Fraktionen breit, die den Hallenbadneubau favorisieren: „Das Modell der Mauschelei zwischen Kanzlerin und Ministerpräsidenten beim Thema Corona wurde offenbar für Ingelheim übernommen“, kommentierte Michael Julius Schwarz für die FDP die für ihn überraschende Übereinkunft der beiden Stadtspitzen zum Thema Rheinwelle. Er zeigte sich insbesondere pikiert darüber, dass er aus der Zeitung von der neuen Entwicklung erfahren habe und erst am späten Montagabend von Breyer direkt informiert worden sei.

 

Die SPD sei froh über den Konsens, sagte Fraktionschef Norbert Külzer. Christdemokrat Sascha Lakinger findet die gefundene Lösung „völlig in Ordnung“. Er freue sich, dass es endlich gelungen sei, die Binger zu überzeugen.“

 



 

LOKALES

 

Mittwoch, 24.02.2021

 

Kommentar: Klärungsbedarf

 

Einige Bürger sind in gereizter Stimmung

 

Frank Schmidt-Wyk zum Rheinwellenausbau

 

Von der Sache her könnte man eine Rückbesinnung auf eine Investitionspolitik mit mehr Augenmaß konstatieren – wenn man nicht annehmen müsste, dass die überraschende Einigung im kleinen Zirkel auf den Rheinwellenausbau noch ganz andere Gründe hat. Da wären zum einen die wachsende Binger Verärgerung über die Ingelheimer Sportparkpläne und damit verbundene Befürchtungen in Bezug auf die Zukunft der Rheinwelle, was offenbar bereits zu ernsthaften atmosphärischen Störungen im Miteinander beider Städte geführt hat. Und da wäre zum anderen eine bereits erkennbar explosive Stimmung in Teilen der Ingelheimer Bevölkerung, wo man so kurz nach der Schließung des Krankenhauses wenig Verständnis aufbringt für eine auch nur angedachte Investition in ein bis zu 20 Millionen Euro teures Hallenbad de luxe. Die nächste Kommunalwahl steht zwar erst in drei Jahren an, doch im Rathaus ist die Bereitschaft zur Konfrontation mit uneinsichtigen Bürgern offenbar schon jetzt begrenzt. Bürgermeisterin Breyer wird in den nächsten Tagen trotzdem viel erklären müssen – vor allem, warum ihre Ankündigung, das Projekt Sportpark vor einer Entscheidung sowohl politisch als auch öffentlich möglichst breit diskutieren zu lassen, plötzlich nicht mehr für den zentralen Baustein gilt, nämlich für das Thema Hallenbad.